Wirtschaft

Unternehmensnachfolge im Mittelstand: Erfolgreich planen und Risiken vermeiden

Wer sein Unternehmen erfolgreich übergeben möchte, sollte die Nachfolge frühzeitig planen. Welche Optionen gibt es – von familieninterner Übergabe über interne Führungswechsel bis hin zum Verkauf an Investoren – und welche finanziellen, rechtlichen und menschlichen Aspekte sollten Sie dabei beachten?

Eine schick gekleidete ältere Unternehmerin steht im Hintergrund und blickt auf eine junge Mitarbeiterin im Vordergrund.

Unternehmensnachfolge – ein oft verdrängtes Thema

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer im Mittelstand haben den Kopf voller Tagesgeschäft: Aufträge, Mitarbeitende, Kunden – alles will gleichzeitig gemanagt werden. Da wirkt das Thema „Nachfolge“ häufig weit weg. Schließlich ist man selbst noch fit, motiviert und möchte sich ungern mit dem Gedanken an Rückzug oder Übergabe beschäftigen. 

Doch genau hier liegt die Gefahr. Wird die Nachfolgeplanung zu lange aufgeschoben, drohen erhebliche Risiken: 

  • Stillstand im Betrieb, wenn kurzfristig Entscheidungen getroffen werden müssen. 
  • Wertverlust des Unternehmens, weil Strukturen, Know-how oder Kundinnen und Kunden nicht gesichert sind. 
  • Konflikte in der Familie oder Belegschaft, wenn unklar ist, wer das Ruder übernimmt. 

Hinzu kommt: Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. In Deutschland stehen jedes Jahr zehntausende mittelständische Unternehmen zur Übergabe an – viele davon finden keine geeignete Nachfolgerinnen oder Nachfolger. Die Konsequenz: Betriebe verschwinden vom Markt, obwohl sie eigentlich erfolgreich sind. 

Frühzeitige Planung ist eine der wichtigsten Investitionen in die Zukunft – für das Unternehmen, die Mitarbeitenden und nicht zuletzt für die eigene Altersvorsorge.

Warum frühzeitige Nachfolgeplanung entscheidend ist

Eine Unternehmensnachfolge lässt sich nicht „über Nacht“ regeln. Wer den Übergang erfolgreich gestalten will, braucht vor allem eins: Zeit. Expertinnen und Experten empfehlen, spätestens fünf bis zehn Jahre vor der geplanten Übergabe mit den ersten Schritten zu beginnen. So bleibt ausreichend Raum, um Nachfolgerinnen oder Nachfolger sorgfältig auszuwählen, steuerliche und rechtliche Fragen zu klären und das Unternehmen strategisch aufzustellen. 

Besonders deutlich wird der Vorteil einer frühzeitigen Planung im Vergleich zu einer ungeplanten Nachfolge: Tritt etwa plötzlich eine Krankheit oder ein unerwarteter Ausfall ein, müssen Entscheidungen schnell und oft unter Druck getroffen werden. Das führt nicht nur zu organisatorischen Engpässen, sondern kann in der Konsequenz auch den Wert des Unternehmens erheblich mindern. 

Wer dagegen frühzeitig handelt, schafft klare Strukturen – für sich selbst, die Familie, die Belegschaft und auch für Kundinnen und Kunden. Eine geplante Nachfolge sorgt für: 

  • Stabilität im Unternehmen und Vertrauen bei Geschäftspartnerinnen und -partnern 
  • Flexibilität, weil verschiedene Optionen (Familie, Mitarbeitende, externe Kaufinteressierte) geprüft werden können 
  • Finanzielle Sicherheit, da Altersvorsorge, Kaufpreis und steuerliche Gestaltung rechtzeitig bedacht werden 

Kurz gesagt: Früh anfangen bedeutet, die Zügel in der Hand zu behalten – anstatt irgendwann vom Alltag oder vom Zufall überrollt zu werden.

Nachfolgeformen im Überblick

Die Wahl der passenden Nachfolgeregelung ist einer der wichtigsten Schritte im Übergabeprozess. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen familieninterner, unternehmensinterner und unternehmensexterner Nachfolge – jede mit eigenen Vor- und Nachteilen.

1. Familieninterne Nachfolge

Anteilsübertragung in der Familie 
Die klassische Variante: Kinder oder nahe Angehörige übernehmen das Unternehmen. Vorteil: Das Lebenswerk bleibt in der Familie, Werte und Kultur können bewahrt werden. Die Herausforderung liegt oft in der Frage, ob die Nachfolgerinnen oder Nachfolger wirklich Interesse, Kompetenz und Durchhaltevermögen mitbringen – oder ob Rivalitäten zwischen Geschwistern entstehen. 

Stiftungslösung 
Wenn keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger aktiv in die Unternehmensführung einsteigen wollen, kann eine Stiftungslösung interessant sein. Dabei werden die Unternehmensanteile in eine Stiftung eingebracht, die den Fortbestand sichert und Erträge an die Familie ausschüttet. So bleibt das Unternehmen unabhängig, gleichzeitig sind Eigentum und Führung klar getrennt.

2. Unternehmensinterne Nachfolge

Management-Buy-out (MBO) 
Hier übernehmen Führungskräfte oder langjährige Mitarbeitende die Anteile. Sie kennen das Geschäft, die Mitarbeitenden und die Kunden – ein klarer Pluspunkt für Kontinuität. Finanziert wird ein MBO meist über Eigenkapital, Bankdarlehen oder spezielle Förderprogramme. 

Owner-Buy-out (OBO) – Übernahme durch Mitgesellschafter 
Wenn es mehrere Gesellschafter gibt, kann ein Partner die Anteile der anderen übernehmen. Für die Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden ist das oft die stabilste Lösung, da sich an der Führung nur wenig ändert. Wichtig ist dabei eine faire Unternehmensbewertung und klare vertragliche Regelungen.

3. Unternehmensexterne Nachfolge

Management-Buy-in (MBI) 
Externe Führungskräfte kaufen sich ins Unternehmen ein und übernehmen die Leitung. Sie bringen frische Perspektiven und Erfahrung aus anderen Betrieben mit, benötigen aber Zeit, um sich in Strukturen und Kultur einzuarbeiten. 

Verkauf an Strategen oder Investoren 
Strategische Käufer – häufig Wettbewerber oder Unternehmen aus verwandten Branchen – nutzen die Übernahme, um ihr Portfolio zu erweitern. Alternativ können Beteiligungsgesellschaften oder Family Offices als Käufer auftreten. Diese bringen Kapital und Know-how mit, verfolgen aber oft eine stärker renditeorientierte Strategie.

Finanzielle und rechtliche Aspekte der Unternehmensnachfolge

Eine Unternehmensnachfolge ist nicht nur eine emotionale und organisatorische, sondern auch eine komplexe finanzielle und rechtliche Aufgabe. Wer frühzeitig plant, vermeidet teure Fehler und schafft eine solide Basis für eine reibungslose Übergabe.

1. Unternehmensbewertung: Was ist die Firma wert?

Die Grundlage jeder Nachfolge ist eine realistische Bewertung. Dabei spielen sowohl harte Faktoren (Bilanzzahlen, Vermögenswerte, Cashflow) als auch weiche Faktoren (Marktstellung, Kundenbeziehungen, Know-how der Mitarbeitenden) eine Rolle. Zu einer solchen Unternehmensbewertung kommt man zum Beispiel durch ein Ertragswertverfahren oder die Betrachtung von Discounted Cashflow.

Externe Gutachten schaffen Transparenz und verhindern Uneinigkeiten.

2. Steuerliche Fragen 

Die steuerliche Gestaltung ist oft entscheidend für den Erfolg der Nachfolge. 

Schenkung- und Erbschaftsteuer: Bei familieninternen Übergaben besonders relevant. Freibeträge und Verschonungsregelungen können genutzt werden. 

Kaufpreisfinanzierung: Zinsen und Tilgung steuerlich geltend machen. 

Gestaltungsmodelle: Holding-Strukturen, schrittweise Anteilsübertragungen oder Nießbrauchsrechte können helfen, die Steuerlast zu reduzieren.

3. Finanzierung der Übernahme

Gerade bei Management-Buy-out oder Management-Buy-in stellt sich die Frage: Wie finanziert der Nachfolger die Übernahme? 

Bankdarlehen und Förderprogramme: Etwa KfW-Förderkredite oder regionale Programme. 

Eigenkapital und stille Beteiligungen: Oft in Kombination notwendig. 

Earn-out-Modelle: Ein Teil des Kaufpreises wird erfolgsabhängig nach der Übergabe gezahlt – reduziert das Risiko für beide Seiten.

4. Rechtliche Gestaltung & Verträge

Eine saubere vertragliche Regelung ist unverzichtbar. 

Kaufvertrag / Übertragungsvertrag: regelt Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten und Übergabedatum. 

Gesellschaftsrechtliche Fragen: Anpassungen im Gesellschaftervertrag oder Handelsregistereintrag. 

Arbeitsrecht: Mitarbeitende müssen informiert und ggf. übernommen werden. 

Absicherung der Alt-Inhaberin oder des Alt-Inhabers: etwa durch Beraterrolle, Wettbewerbsverbote oder Rentenzahlungen.

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Bei der Unternehmensnachfolge scheitern viele Übergaben nicht an den Finanzen oder an rechtlichen Fragen – sondern am menschlichen Faktor. 

  • Loslassen fällt schwer: Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ist das eigene Unternehmen ein Lebenswerk. Der Rollenwechsel vom aktiven Entscheider zum Berater oder Ruheständler erfordert Zeit und Vertrauen. 
  • Kommunikation ist entscheidend: Mitarbeitende, Familie und Geschäftspartner wollen frühzeitig wissen, wie es weitergeht. Offene Gespräche vermeiden Unsicherheit und Gerüchte. 
  • Nachfolgerinnen und Nachfolger brauchen Unterstützung: Eine Einarbeitungsphase mit klaren Übergangsregeln schafft Sicherheit – für beide Seiten. 

Wer die „weichen“ Faktoren genauso ernst nimmt wie die harten Zahlen, legt den Grundstein für eine erfolgreiche Nachfolge. 

Fazit: Frühzeitig planen sichert die Zukunft

Eine gut vorbereitete Unternehmensnachfolge ist weit mehr als ein bürokratischer Akt – sie ist eine Investition in die Zukunft des Unternehmens, in die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden und in die eigene finanzielle Absicherung. Unternehmerinnen und Unternehmer, die frühzeitig planen, behalten die Kontrolle über den Übergabeprozess, können verschiedene Optionen prüfen und den Schritt in Ruhe gestalten. 

Wichtig ist: Jede Nachfolge ist individuell. Ob familienintern, unternehmensintern oder extern – die passende Lösung hängt von den Zielen, Strukturen und Wünschen aller Beteiligten ab. Wer sich Zeit nimmt, früh über die Nachfolge nachdenkt und die finanziellen, rechtlichen und menschlichen Aspekte berücksichtigt, reduziert Risiken und schafft eine stabile Basis für die Zukunft. 

Lassen Sie sich professionell begleiten. Steuerberatende, Anwältinnen und Anwälte oder Ihre Bank können Sie dabei unterstützen, die optimale Lösung zu finden – sowohl für Ihr Unternehmen als auch für Ihre persönliche Absicherung. Ein früher Start verschafft Ihnen maximale Flexibilität und Planungssicherheit. 

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